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Eine kurze Zwischenbemerkung

Germana


Eine kurze Zwischenbemerkung

Das chinesische Ehepaar, mit dem Richard T. LaPiere in seinem berühmten Experiment in den 30er Jahren in den USA verschiedene Hotels und Campingplätze ansteuerte, fand, wie das zu Beginn von Kapitel 2 in Band 1, "Situationslogik und Hande 616r175g ln", dieser "Speziellen Grundlagen", zur Illustration des Vorgangs der Definition der Situation und des Thomas-Theorem schon berichtet worden ist, nahezu ausnahmslos bereitwillige Aufnahme und meist sogar Freundlichkeit - obwohl sich später herausstellte, daß die Mehrzahl der Besitzer ganz privat für sich eigentlich ganz schön rassistisch gestimmt war und mit Chinesen nichts zu tun haben wollte. Mit Anreizen, etwa mit den Einnahmen aus dem Übernachtungsentgelt, und mit bloßen Höflichkeitsnormen Fremden gegenüber alleine war das nicht zu erklären: Die Besitzer waren im Moment der Begegnung freundlich und hilfsbereit, und selbst der eine Campingplatzbesitzer, der das Paar abwies, tat das nicht ohne Zögern und Beteuerungen, daß er leider nicht anders könne. Das Handeln der Hotelbesitzer folgte offenbar einem die Situation definierenden und vor allem von der Sprache und dem Aussehen des Paares gesteuerten Bezugsrahmen, der die gesamte Situation in einem bestimmten und bestimmenden Licht erscheinen ließ, sich, wie es schien, auch mühelos gegen starke andere Motive und Dispositionen durchsetzte und ein ganz anderes "soziales System" erzeugte als das, was sich allein aus den privaten Einstellungen hätte erwarten lassen. Die soeben in Teil A dieses Bandes dargestellten soziologischen Ansätze des normativen und der verschiedenen Spielarten des interpretativen Paradigmas waren allesamt Versuche, die Vorgänge der Schaffung einer zwar immer nur subjektiven, gleichwohl aber stets auch "objektiven" Welt der Orientierung und eines bestimmten kulturellen Sinns in den Griff zu bekommen. Und alle diese Ansätze hatten etwas durchaus Beachtliches dazu beizusteuern. - Parsons, Mead und Blumer, Schütz, Garfinkel, um auch die wichtigsten damit verbundenen Normen zu nennen -



Nämlich: So gut wie jedes Handeln ist von einer im Moment der aktuellen Situation vorgegebenen normativen oder kulturellen Orientierung gerahmt. Diese Orientierung ist in einen vorbewußten, aber auch jederzeit wieder thematisierbaren Horizont von - mehr oder weniger vagen - Selbstverständlichkeiten eingebettet, wozu auch die vielen unbefragten Routinen und Rezepte des Alltagshandelns gehören. Dieser Horizont kann indessen jederzeit durch bestimmte, nicht-passende Details teilweise oder vollkommen erschüttert werden. Diese Erschütterung löst wiederum innere Aktivitäten der Aufmerksamkeit und von Anstrengungen zur "Erklärung" und Heilung der Erschütterung und ein genaueres Durchdenken und Interpretieren der Situation über evtl. weitere Folgen aus, wobei diese Aktivitäten umso stärker sind, je mehr dabei auf dem Spiel zu stehen scheint. Sowohl der Horizont wie die einzelnen Orientierungen beruhen dabei aber nicht auf irgendwelchen "festen" Fundamenten, sondern werden durch das Handeln selbst und über das gegenseitige Anzeigen des "Sinns" des Tuns immer wieder neu und in wechselseitiger Verstärkung bestätigt (oder auch nicht). Insofern bilden die kulturellen Orientierungen, der angenommene und unterstellte "Sinn" und das äußerlich sichtbare Tun eine unauflösliche prozessuale Einheit, eine Einheit, auf der letztlich alle sozialen Systeme und damit auch die scheinbar unverrückbarsten Institutionen des sozialen Lebens beruhen.

Leider verstanden sich die verschiedenen Ansätze eine lange Zeit - und teilweise bis heute - nur als unüberbrückbar anzusehende, eigenständige "Paradigmen" der Soziologie, und viel an einer zufriedenstellenden und kunstgerechten Erklärung war in ihnen auch nicht zu finden, wie wir ja gesehen haben, etwa am Beispiel der Voluntaristic Theory of Action von Talcott Parsons. In dem nun folgenden Teil B, "Kulturelle Rahmung und soziale Konstitution", dieses die "Speziellen Grundlagen" abschließenden Bandes 6 geht es darum, diese Ansätze, die jeweils für sich ohne Zweifel einen besonderen, wichtigen und nicht hintergehbaren Gesichtspunkt hervorheben und sich darin auch oft als unvergleichlich und nicht-"reduzierbar" stilisieren, aber auch in vielerlei Hinsicht miteinander konvergieren, in ein erklärendes Modell der kulturellen Rahmung von Situationen und der sozialen Konstitution von "Sinn" zusammenzuführen. Dazu sollen ihre jeweils beachtlichen Beiträge in ein theoretisches Konzept integriert werden - in das Konzept der soziologischen Erklärung, versteht sich. Dieses Konzept wäre folglich um Prozesse auch der kulturellen Rahmung von Situationen und der sozialen Konstitution von gesellschaftlich geteilten Orientierungen komplettiert. Es ist die Vervollständigung des Modells der soziologischen Erklärung um das - neben den materiellen Opportunitäten und den institutionellen Regeln - dritte grundlegende Element aller Situationen des Handelns und der damit zusammenhängenden sozialen Prozesse: Die kulturellen Bezugsrahmen, die dem Handeln der Menschen Sinn und Orientierung verleihen und dadurch und durch die symbolischen Folgen dieses Handelns immer wieder selbst neu erzeugt und konstituiert werden.


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